Die Balance zwischen Atmosphäre und Detail

Sasan Saidi spricht über seine Arbeit an der Graphic Novel

Sasan Saidi ist freiberuflicher Illustrator. Er zeichnet für Verlage und für wohltätige Zwecke. Seit Jahren arbeitet er hierfür mit Viva Con Agua zusammen.

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Photo credit: Peter Jülich

Erstmals entscheidet sich das Deutsche Bergbau-Museum Bochum in der Sonderausstellung „Tod im Salz. Eine archäologische Ermittlung in Persien“, den Besucher:innen die Ergebnisse archäologischer Forschung mit Hilfe einer Graphic Novel näher zu bringen.

Das Konzept der Ausstellung lässt die Besucher:innen die Arbeit der Archäologen nachvollziehen. Vom ersten Mumienfund, dem Beginn der Grabung, ersten Fragestellungen bis zur Interpretation der Funde. In den jeweiligen Abschnitten illustrieren die Einzelzeichnungen zunächst den Zusammenhang, in dem die teilweise sehr fragmentarischen Ausstellungsstücke aus der Zeit der Achämeniden und Sassaniden verständlich werden. Zum Schluss fügen sich alle Puzzleteile der archäologischen Ermittlungsarbeit zusammen und erzählen den fiktiven letzten Tag eines Arbeiters der vor 2400 Jahren in einem Salzbergwerk im heutigen Iran ums Leben kam.

 

Sasan und die Sasaniden

Für die Umsetzung schien keiner besser geeignet, als der in Berlin lebende Illustrator Sasan Saidi. „Sasan und die Sassaniden da konnte ich nicht nein sagen“.

Sasan Saidi wurde in Iran geboren. Kurz nach der Islamischen Revolution verließ die Familie das Land und zog nach Stuttgart. Den Großteil seiner Kindheit und Jugend verbrachte Sasan jedoch in Kenia, da der Vater als Entwicklungshelfer tätig war.

Zusammen mit Karina Schwunk, der Ausstellungsdesignerin des Museums, und Thomas Stöllner, dem Projektleiter, arbeitete Saidi an der Geschichte von Farshid, wie Salzmann 4 hier genannt wird, der mit 16 Jahren bei einem Grubenunglück im Salzbergwerk von Chehrābād starb.

Ausschnitt aus dem Storyboard Tod im Salz

„Die Herausforderung war, die Balance zwischen Details und Atmosphäre zu halten.“

Die Herausforderung bei diesem Projekt war, nicht zu genau zu zeichnen. Karina sagte immer wieder, ich solle gröbere Linien setzen.  Ich bin es gewohnt viele Details darzustellen, doch bei Farshid wissen wir vieles nicht. Daher habe ich versucht, nur das zu beleuchten, was wissenschaftlich belegbar ist.

Dass die Szenen zum Großteil untertage spielen, ist hier ein Vorteil. Wir haben verschiedene Techniken ausprobiert und haben uns am Ende für den kontrastreichen Comic Noir entschieden. Dieser Stil ermöglicht es, eine Atmosphäre zu schaffen, ohne zu viele Details zu zeigen.“

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„Ich wusste nicht, dass man etwas studieren kann, das Spaß macht“

Schon als Kind begann Sasan Saidi mit dem Zeichnen. Nach einem kurzen Umweg machte er seine Leidenschaft zum Beruf. „Nach meinem Wehrdienst - der ein kleiner Kulturschock war, ging ich nach Wales und begann ein Tourismusstudium“, erzählt er in einem Interview. „Meine Freunde fragten mich immer wieder, warum ich nicht Kunst studiere, denn Zeichnen ist schon immer Teil meines Lebens. Aber ich wusste nicht, dass man etwas studieren kann, das Spaß macht“, erzählt er lachend.  

Spontan bewarb sich Saidi an der University of Ulster. Er fuhr mit dem Schiff von Wales nach Belfast, reichte seine Skizzen ein und wurde prompt in den Studiengang aufgenommen. „Die Dozenten fanden es klasse, dass ein junger Mann in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von Wales nach Irland fuhr, um sich ganz spontan an der Universität zu bewerben“, erzählt er. Er studierte in Belfast erst Kunst und dann Visual Communication.

Dabei spezialisierte er sich auf Illustration und Kommunikationsdesign. Nach seinem Abschluss arbeitete er in verschiedenen Ländern: Irland, Dubai, Südafrika, Deutschland.

Die ersten Aufträge kamen vom nordirische Department of Environment. „Ich illustrierte Schulbücher und lernte sehr detailliert und genau zu zeichnen. Hier kam ich auch in Kontakt mit historischen und archäologischen Themen“, erzählt er. In Dubai arbeitete er als Infografiker für eine Tageszeitung und zeichnete kulturelle Themen – von Oasen bis zum Hunderennen in Abu Dhabi. „Mein wohl bekanntester Auftrag war für Papst Franziskus“, sagt Sasan Saidi. „Ich bekam eine Anfrage von der Tourims and Culture Authority in Abu Dhabi, die historischen christlichen Sehenswürdigkeiten im Nahen Osten zu zeichnen.  Lange wurde mir nicht gesagt, für wen diese Illustrationen sind. Erst im Nachhinein erfuhr ich, dass meine Illu-
strationen an Papst Franziskus bei seinem Besuch in Abu Dhabi überreicht wurden.“

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„Ich möchte mit meiner Kunst Brücken zwischen Kulturen bilden.“

Historische, archäologische und kulturelle Themen ziehen sich durch Saidis künstlerisches Schaffen. Auch wenn seine Auftaggeber sehr unterschiedlich sind, er entwirft beispielweise limitierte Kunstdrucke für den FC St Pauli, Schalke 04 und den Detroit City FC., so sind es doch diese Themen, die ihm Freude bereiten, denn damit lassen sich seiner Erfahrung nach Brücken zwischen Menschen und Kulturen bauen.

 

„Mit meiner Kunst möchte ich den Menschen etwas zurückgeben.“

Sasan Saidi ist auf der ganzen Welt zuhause. Nach seiner Zeit in Nordirland und den Vereinigten Arabischen Emiraten zog es ihn zurück auf den afrikanischen Kontinent nach Kapstadt in Südafrika.

Seine Zeit in Afrika prägt ihn bis heute. Darum ist ihm die Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Viva con Agua, die sich für Trinkwasser und sanitäre Anlagen in Afrika und Asien stark macht, ein großes Anliegen.

Im vergangenen Jahr machte Saidi mit dem Buch „Willkommen in der Hölle“ das in Zusammenarbeit mit Viva Con Agua, STELP und der Moderatorin Visa Vie entstand, auf die Umstände im Flüchtlingslager Moria aufmerksam. Mit den Erlösen des Buches unterstützt Stelp e.V. Geflüchtete auf den griechischen Inseln mit Lebensmitteln, Decken und Hygienebedarf.


Willkommen in der Hölle



Die Graphic Novel zu Salzmann 4 alias Farshid ist eines der Highlights der Sonderausstellung „Tod im Salz. Eine archäologische Ermittlung in Persien“. Dort fügen sich alle Puzzelteile der archäologischen Ermittlungsarbeit zusammen und erzählen den fiktiven letzten Tag von Salzmann 4.

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© Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen

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